Ausländerfeindlichkeit bekämpfen: Es geht jeden an!
Gestern waren Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg. Wieder einmal muss ich mich geistig mit dem Thema Rechtsradikalismus auseinandersetzen. Bevor ich mich jedoch zum aktuellen Geschehen äußere, möchte ich kurz erläutern wo mir Ausländerfeindlichkeit das erste Mal begegnet ist: in Paderborn.
Ich habe habe vom November 1996 bis Mai 1999 in Paderborn gelebt. Dort sind mir leibhaftig Stammtisch-Sprüche begegnet wie:
"Ich habe nichts gegen Ausländer, aber viele Ausländer nehmen uns Deutschen die Arbeitsplätze weg."
"Man sollte die Ausländer aus Deutschland ausweisen, in die Sahara zum Beispiel, und ihnen das Geld [Asylhilfe, etc.] dort zur Verfügung stellen, dann können sie sich das Land dort urban machen."
"De Fitschis esse uns de janze Reis wesch!"
"Es enne Deutsche bin isch zu de Arzt jejangen und dran jekomme sind die mit de Tüscher! Und dabei hann isch 30 Jahre ... 30 JAHRE ... in de Krankenkasse einjezahlt!"
"Wenn ein Ausländer in Deutschland straffällig wird, muss er sofort raus."
"Das Boot ist voll. Wir haben doch bald selbst nix mehr zu fressen!"
In den Augen der Ausländerfeindlichen ist ein Ausländer eine faule, kriminelle Sau. Der Großteil (fast alle) der Ausländer, die ich kennengelernt habe, war nicht arbeitslos und hat sich nicht auf dem deutschen Staat ausgeruht, wie es so viele deutsche Sozialhilfe-Empfänger tun: "So steht es im Sozialhilfe-Gesetz, das steht mir zu!" (zwei Fälle kenne ich persönlich).
Da war in Paderborn der freundliche Busfahrer aus Afrika, der jeden Morgen den 6:31 Uhr Bus nach Borchen-Alfen fuhr. Als ich ihn fragte, warum ich ausschließlich ihn hier sehen würde: "Der Bus ist leer und Fahrt sehr früh. Kollegen wollen nicht so gern."
Oder ein Ref-Kollege von mir, der 7 Sprachen spricht und es für seinen Job auf sich nimmt, viel in der Weltgeschichte rumzureisen.
Landtagswahl 2004 in Sachsen
Für mich das einzig Positive an dieser Wahl: zum ersten Mal seit 14 Jahren ist die absolute Mehrheit gebrochen. Negatives Highlight: Im Wahlkreis 17 "Annaberg" hat die NPD mit 14% mehr als doppelt so viele Stimmen wie die SPD geholt. Mit einfachen Parolen gegen Hartz 4 und Ausländer konnten in vielen Teilen Sachsens mehr Stimmen eingefangen werden, als es die Partei des Bundeskanzlers konnte.
Wenn jetzt jedoch der einzelne in NRW sagt: "Ja die in Sachsen ..." dann rate ich zur Vorsicht. Braunes Gedankengut finden wir nämlich in unserer Mitte und jeder muss die Zivilcourage aufbringen, gegen Freunde, Verwandte und Arbeitskollegen vorzugehen. Das gedankliche Argument "Ich kann solche Klein-Nazis eh nicht mehr ändern ..." und dann Schweigen ist in meinen Augen falsch. Es muss Flagge gegen Rassismus gezeigt werden, denn ich möchte nicht noch einmal Bilder von einem brennenden Asylbewerberheim sehen und die umstehende Menge sieht zu und klatscht Beifall. Für mich eins der schrecklichsten Bilder aus den Neunzigern.
[ erstellt am Montag, 20. September 2004 um 15:54:20 ]